[Rezension] Rainer M. Schröder – Liberty 9 – Sicherheitszone

13615059 Sollte jemand beabsichtigen, das Buch noch zu lesen, rate ich zur Vorsicht bei der Lektüre der Rezension, aber da sogar auf dem Klappentext das eigentlich sehr spannende Ende der Geschichte verraten wird, sehe ich selbst auch keinen Grund, mich, was Spoiler angeht zurückzuhalten.

Das Buch hätte eigentlich nur einen Stern verdient, da ich aber doch relativ gefesselt von der Geschichte war, gibt es noch einen Trostpunkt dazu.

Was ich an Dystopien besonders spannend finde, ist zu erfahren, wie die Welt „funktioniert“, warum sie von der Gesellschaft so erschaffen wurde, wie sie sich dem Leser präsentiert, was der Auslöser für den Umbruch von der uns bekannten Gesellschaft war. Auf keine dieser Fragen gibt es auch nur ansatzweise eine Antwort.

Zunächst einmal: Mir ist bis zum Schluss unverständlich geblieben, warum ein deutscher Autor ein Buch auf deutsch schreibt, das in einem Nordamerika der Zukunft spielt. Warum nicht Europa? Ich hatte mich nach sooo vielen amerikanischen Dystopien auf eine Dystopie gefreut, die in Europa spielt und das Buch auch deshalb ausgesucht.

Auch ist mir nicht klar, warum die Gesellschaft sich so sehr an den Bezeichnungen in einem Kloster orientiert, wo die christliche Religion doch so sehr totgeschwiegen wird, dass sogar Literatur zensiert wird und aus dem Grafen von „Monte Christo“ „Monte Risto“ wird. Gepaart mit den vielen (seeehr vielen!!) Anglizismen (Warum??) wirkte es einfach nur albern auf mich.

Die Sprache und Ausdrucksweise der Protagonisten insgesamt wirkt oft sehr altertümlich und wirkt völlig unpassend für Teenager in der Zukunft.

Ok, der Autor scheint sich informiert und bei seinen Recherchen festgestellt zu haben, dass ein „Liebesdreieck“ einfach ein MUSS in dystopischen Trilogien ist. Also baut auch er eines ein. Wobei ich die „Liebe“ in keiner der Beziehungen erkennen konnte, alles wirkte herzlos und uninspiriert. Und… muss man das „Love triangle“ so sehr auf die Spitze treiben, dass die Protagonistin nackt („skinny dipping“, was ist so schrecklich an einem deutschen Ausdruck?) mit den Freunden im See Volleyball spielt (und irgendwie wird mir leicht übel, wenn der 61-jährige Autor ausführlich den nackten Körper der 17-jährigen Heldin beschreibt), dabei (zum ersten Mal) innige Küsse mit Held Nr. 1 austauscht, nur um direkt aus dem Wasser zu steigen um dort (immer noch nackt) Held Nr. 2 (ebenfalls der erste Kuss) zu küssen. (Wenig später hat sie dann auch noch einen erotischen Traum, bei dem sie von „4 Händen und 4 Lippen“ verwöhnt wird. (4 Lippen? Kann man das nicht eleganter ausdrücken?)

Nichts an der Beschreibung hat darauf hingedeutet, dass es sich um einen Mehrteiler handelt, am Ende sind keine der brennenden Fragen beantwortet, es werden ein paar Gerüchte wiedergegeben, was es nun wirklich mit Liberty 9 auf sich hat, aber der Leser bleibt nach wie vor im Dunkeln.

Die Protagonistin ist arrogant und unsympathisch, die beiden Anwärter auf den Platz an ihrer Seite kommen zwar aus entgegengesetzten Ebenen der Gesellschaft, sind aber ansonsten völlig austauschbar. Charakterlich gibt es keine Unterschiede. Ich habe mit keiner der sich anbahnenden Liebesgeschichten auch nur ansatzweise mitgefiebert.

Die Electoren müssen sehr viel Zeit damit verbringen, ein bestimmtes Computerspiel zu spielen, sie werden danach bewertet, wie sie es entweder allein oder in einem Team bewältigen. Es hätte mich schon interessiert, was es damit auf sich hat. Warum sie die Fähigkeiten später brauchen können, oder was die Lehrer in ihrem Spiel erkennen können, wonach sie die Electoren auswählen, bleibt ungeklärt. So wirkt es einfach nur albern, dass so viel Zeit auf dei Beschreibung des Spiels verwendet wird.

Es gibt kaum eine Überraschung im Buch, weil der Leser immer schon vorgewarnt wird. Sobald sich eine Überraschung anbahnt, wird der Leser mit Hinweisen á la „noch wussten sie nichts von den dramatischen Ereignissen, die der Tag noch bringen würde“ vorbereitet.

Rückblickend ist in den 490 Seiten eigentlich nicht viel passiert, es wurden Dinge ausufernd beschrieben, die ich als recht belanglos empfunden habe, während die eigentlichen Fragen bis zum Schluss ungeklärt bleiben.

Leider fallen auch erschreckend viele Fehler auf. Falsche Wörter, fehlerhafte grammatikalische Endungen, verdrehte Buchstaben etc.

Das Buch schien genau in mein Beuteschema zu passen, umso enttäuschter war ich von der Ausarbeitung einer eigentlich vielversprechenden Idee.

2-sterne-schw

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